Die Tachonadel bis zum Anschlag

Die Tachonadel bis zum Anschlag

Information

Sammlung
Heiner Müller
Mit
Müller's circle: Martin Wuttke
Dauer
45:12:00
Datum
15 Apr. 1996
Sendung
News & Stories

Beschreibung

In Auseinandersetzung mit Inszenierungen von Heiner Müller, Einar Schleef und Robert Wilson kreist das Gespräch zwischen Alexander Kluge und Martin Wuttke, damaliger Intendant und aktuelles Mitglied des Berliner Ensembles, um mögliche Ausdrucksformen des Theaters.

Wuttke schildert die Probenarbeit von Brechts "Arturo Ui" in der Inszenierung Heiner Müllers, der besonders an der Metamorphose einer Figur im Prozess des Probenvorgangs interessiert ist und die Schauspieler während der Proben als eigene ästhetische Produzenten fordert. Kluge und Wuttke unterhalten sich in der Folge über Müllers Theaterpraxis und vor allem über die Kunstform des "Fragments".

In Einar Schleefs Inszenierung von Goethes "Faust II", von der Ausschnitte in einer Zwischensequenz zu sehen sind, spielt Wuttke die Doppelfigur Faust-Mephisto. Es gäbe einen "Motor" im Schauspieler, der gegen den Text produktiv laufen muss, um dessen Sog zu entgehen.

Kann man heute an Meyerholds vorrevolutionäres Konzepts des "Theaters der Attraktionen" anknüpfen? Kann man das filmische Mittel der Großaufnahme im Theater verwenden? Wuttke hält es für einen "schönen Traum", Ausdrucksformen wie Ballett, Tanz, Artistik, Schauspiel zusammenzuführen.

Im Folgenden berichtet Wuttke von seinem schauspielerischen Werdegang und der frühen Zusammenarbeit mit Einar Schleef. In seiner Rolle als "Don Carlos" hat sich Wuttke mit der historischen Figur Don Carlos auseinandergesetzt und versucht, dessen empirische Bösartigkeit durch schauspielerischen Ausdruck mit dem Ideal des Schillerschen Textes zu konfrontieren. Von Schillers klassischer Figurenkonstellation ausgehend, thematisieren Kluge und Wuttke die Frage, was tragisch ist. Mit der Idee, Philipp solle den Marquis von Posa adoptieren, schlägt Kluge einen positiven Ausgang der Tragödie vor und denkt über die Seitenausgänge aus klassischen Tragödien im Allgemeinen nach.

Das Gespräch endet mit dem Bericht Wuttkes über eine unproduktive Schaffensphase Müllers ("Mommsen-Block") bei den Probenarbeiten zu Robert Wilsons Inszenierung des "Gilgamesch". Kurios und interessant, wie Müller damit umgeht, etwa indem er ein Traumprotokoll Wuttkes als Libretto an Wilson aushändigt.