Rom, so fern wie der Mond
Transkript: Rom, so fern wie der Mond
- Text
- “Rom, so fern wie der Mond –”
- Text
- Heiner Müller über den Tod des Tiberius / 2. Härte der römischen RES PUBLICA / 3. Wie alt ist Rom? / 4. Über die Aussprache lateinischer Worte / 5. “In den Ruinen römischer Tugend” / 6. Modernität in den Texten Cornelius Tacitus
- Text
- Der Tod des Tiberius 37 n.Chr.
- Kluge
- Das ist der Tod des Tiber.
- Müller
- Also Tiber ist Tiberius, um das klarzumachen. “Jetzt verließen den Tiber Körper und Kräfte, nur die Verstellung nicht. Noch immer das harte Herz, noch immer das Gesuchte in Reden und Minen. Zuweilen nahm er erzwungene Munterkeit an, um die sichtbarste Entkräftung zu hehlen und nach öfterer Veränderung des Aufenthalts, blieb er endlich am misenischen Vorgebirge auf einem Landhaus, welches vordem Lukullus besessen hatte. Da selbst entdeckte sich die Annäherung seines Endes auf folgende Art. Es war ein vorzüglich geschickter Arzt bei ihm mit Namen Charikles, der zwar seine Gesundheitsumstände nicht eigentlich zu besorgen hatte, aber doch sich zuweilen konsultieren ließ. Dieser, unter dem Vorwand in eigenen Geschäften zu verreisen, fasste seine Hand, als wenn er sie küssen wollte und fühlte ihm nach dem Puls. Tiber aber merkte es und ließ, vielleicht wirklich aufgebracht, seinen Unwillen desto mehr zu bergen vom Frischen auftragen und blieb ungewöhnlich lange bei Tafel, als ob er es seinem abreisenden Freund zu Ehren täte. Charikles indes versicherte den Macro, daß er schwach werde und es nicht über zween Tage mehr treiben würde.” …
- Kluge
- Macro ist der Freigelassene?
- Müller
- Der Freigelassene, der…
- Kluge
- …der praktisch erste Privatsekretär.
- Müller
- Ja, ja. “Von dem Augenblick an wurde unter den Anwesenden schleunig Abrede genommen und Eilboten an die Legaten und Armeen abgefertigt. Am 16. März überfiel ihn eine Ohnmacht und man hielt ihn für tot.”
- Text
- – überfiel ihn eine Ohnmacht und man hielt ihn für todt –
- Müller
- “Schon trat Cäsar unter dem Gedränge der Glückwünschenden hervor, die Regierung kann übernehmen…”
- Kluge
- Caligula, „Stiefelchen“.
- Müller
- Cäsar, ja. Wobei der hier die Eigenheit hat, immer “k” zu schreiben, wo normalerweise “c” steht. “…die Regierung zu übernehmen, als es plötzlich hieß, Tiber bekomme Sprache und Gesicht wieder und man rufe den Bedienten, daß sie Speisen bringen sollten, den Geschwächten zu stärken. Das verbreitete allgemeines Schrecken, die anderen verloren sich und jeder stellte sich bekümmert und unwissend. Cäsar, also Caligula, stand sprachlos und erwartete statt der höchsten Aussichten seinen Fall.
- Text
- – Macro, unerschüttert, gab Befehl, den Alten mit Decken zu ersticken –
- Müller
- “Macro, unerschüttert, gab Befehl, den Alten mit Decken zu ersticken und jedermann von der Tür zu entfernen. Solches Ende nahm Tiber im achtundsiebzigsten Jahr seines Alters.” Seltsame Bräuche!
- Kluge
- Sagt man übrigens bei Stalin auch, daß ein bisschen…
- Müller
- Das beschleunigt worden ist.
- Kluge
- Glaubst du eigentlich, daß das alles wahr ist?
- Müller
- Das glaube ich schon.
- Kluge
- Es ist ja geschrieben von einem Tendenzautor der nächsten Kaisergeneration und zur Belehrung, also damit - wie heißt es… “Ich halte es für die vorzügliche Aufgabe der Geschichte…“ Das ist von Tacitus. Was schreibt er da?
- Müller
- Ja, ja.
- Kluge
- Was schreibt er da?
- Müller
- “Ich halte es für vorzügliche Aufgabe der Geschichte, dafür zu sorgen, daß die Tugenden nicht vergessen werden und das schlechtes Reden und Tun bedroht sei durch die Furcht von Nachwelt und Schande.”
- Kluge
- Und zwar nicht der Geschichtsschreiber, sondern der Geschichte!
- Müller
- Ja. Ja.
- Kluge
- Und die Geschichte selber ist ein Lehrmeister! Nun ist das ja vielleicht nicht das Selbstbewusstsein der Geschichte. Vielleicht will die das gar nicht oder macht das gar nicht. Und insofern kann es natürlich sein, daß diese Kaiser nicht diese Scheusale sind. Wie würdest du es angehen?
- Müller
- Also es gibt keine Gegendarstellung eigentlich.
- Kluge
- Nein, nein. Es gibt keine Gegendarstellung…
- Müller
- …obwohl das auch nichts besagt.
- Text
- Römische Grausamkeit / Verwüstung Germaniens / Angriff der punischen Elefanten bei Zama / “Sachlichkeit” Roms / Einsturz eines Amphitheaters / Rom, so fern wie der Mond - -
- Text
- Cato spricht
- Text
- Senatssitzung: “Karthago muss zerstört werden!”
- Text
- Der Ehebrecher Tarquinius und die schöne Lukrezia - -
- Text
- “Unzucht mit einer Abhängigen - -!” (6 nach Chr.)
- Sprecher
- Senatoren, ich bitte um Ruhe! Lassen wir doch Minutius weitersprechen.
- Text
- Im Senat: “Hannibal vor den Toren Roms”
- Sprecher
- Bitte Minutius!
- Minutius
- Ich wiederhole: Ein ausgemachter Dummkopf wäre derjenige, der es versuchen sollte, die Alpen mit tausenden von Soldaten und fünfzig Elefanten zu überschreiten, und das mitten im Winter. Glaubt mir, wir haben eher Grund uns zu freuen als uns darüber zu beunruhigen. Und wir sollten den Göttern Dank sagen. Denn noch bevor unsere Legion diesem anmaßenden Barbaren zum Kampf gegenübertreten, wird der Schnee und die eisige Kälte sein Heer stark geschwächt haben, ohne daß wir auch nur einen Mann verloren hätten.
- Mehrere, durcheinander
- Ja, das wird sein Untergang sein. Nur ein Dummkopf würde so etwas wagen.
- Minutius
- Und die Karthager, denen es trotz aller Strapazen gelingt, dieses tödliche Wagnis zu überstehen, werden am Ende ihres Weges so erschöpft und ausgezehrt sein, daß sie an der Grenze von unseren Truppen wie welkes Laub zusammengefegt werden.
- Mehrere, durcheinander
- Jawohl, er hat Recht. Unsere Grenzlegionen werden sie niedermachen.
- Fabius Cunctator
- Senatoren! Ich bin gerne bereit, mich von dir belehren zu lassen Minutius. Es ist durchaus möglich, daß ich mich täusche, aber ich habe den Eindruck, daß unsere alpinen Legionen vollauf damit zu tun haben, den Galliern die Stirn zu bieten.
- Text
- Fabius Cunctator
- Fabius
- Und jetzt sollen sie es auch noch mit Hannibal aufnehmen?
- Minutius
- Vergiss nicht die Armee Scipios, wir schicken sie zur Verstärkung!
- Fabius
- Das glaube ich, aber das nützt nichts.
Er hat vier Legionen.
- Senator
- Ich fühle mich im Namen aller gekränkt. Unser Quintus Fabius scheint ja ebenso wenig Vertrauen in Rom zu haben wie in sich selbst.
- Fabius
- In wenigen Jahren hat Hannibal ganz Spanien erobert und dies nicht so sehr durch Soldaten und Waffen als vielmehr durch kluge Diplomatie. Einem Mann von seinem Format wird es auch gelingen, ein Heer über die Alpen zu führen, auch wenn uns das heute unmöglich erscheint.
- Minutius
- Ich nehme an, der Punier würde sich sehr geschmeichelt fühlen, wenn er wüsste, was für einen glühenden Bewunderer er in dir hat.
- Bote
- Senatoren, hört mich an, ich bringe eine Nachricht!
- Fabius
- Ich bitte im Ruhe!
- Bote
- Hannibal marschiert mit seinem ganzen Heer über die Alpen.
- Mehrere, durcheinander
- Was? …das ist doch nicht möglich…
- Bote
- Unsere Truppen fliehen, die Garnisonen sind in Auflösung
- Fabius
- Leistet denn niemand Widerstand?
- Bote
- Rotario ist der Einzige
- Fabius
- Auf Rotario ist doch sonst nie Verlass gewesen!
- Text
- Der Angriff der punischen Elefanten bei Zama - -
- Text
- Die Elefanten werden in die Falle gelockt und niedergemetzelt - -
- Text
- Triumphsitzung des Senats: “Karthago ist zerstört!”
- Text
- Die tiefsitzende Grausamkeit Roms hat eine Ursache: Sachlichkeit / Über 500 Jahre klares Unterscheidungsvermögen: “Das da ist ein Feind, das da ist kein Feind” / Die Stärke des Imperiums liegt darin, daß es sich nicht wie ein Herrscher, sondern wie eine Sache verhält / S.P.Q.R.
- Text
- Die Metapher als Mittel, die Erfahrung von Grausamkeit zu bewältigen
- Müller
- Ja, was ganz schwer auszumachen ist, ist der Übergang von der Chronik zur Literatur bei Tacitus. Natürlich ist das Literatur. Und das geht bis in den Stil und in die Syntax. Also im Verhältnis zu Livius zum Beispiel, der noch ein reiner Chronist ist oder jedenfalls den Gestus des Chronisten hat, ist der Tacitus schon ein Manierist und es ist bei ihm schon wie bei Ovid auch zu sehen: ein Genuss an den Schrecken, die er beschreibt oder auswählt.
- Kluge
- Warum hast du jetzt mir aufgetragen, ich soll mich mit Tacitus beschäftigen? Vor zwei Jahren hast du mir die Aufgabe gestellt, ich soll den lesen. Was war dein Grund? Was hast du dir dabei gedacht?
- Müller
- Naja, erst mal hab ich den Tacitus ziemlich früh gelesen; ich glaube, das war auch ziemlich prägend…
- Kluge
- Aber deswegen muss ich den ja nicht lesen?!
- Müller
- …und deswegen musst du ihn auch lesen. Natürlich, wenn wir was zusammen machen wollen. Aber, nein, nein. Der Hauptpunkt ist, daß… Ich überlege jetzt gerade, ob es für mich nicht immer mehr ein ästhetisches Vergnügen war, Tacitus zu lesen als ein historisches Interesse. Mich gehen ja diese Kaiser nichts an, die interessieren mich eigentlich auch nicht. Mich interessiert nur, daß sie zu dem Tacitus geworden sind, zu diesem Text geworden sind. Und dieser Text, so in der Mischung von…
- Kluge
- Kolportage?
- Müller
- …Manier und ja, Kolportage, aber auch Lakonie - der ist ungeheuer modern oder erscheint mir sehr modern, kommt mir sehr nahe. Und dieser Lakonismus und dieser Manierismus, ist ja auch nur vielleicht eine Form, die es ermöglicht, Erfahrungen, die einen sonst sprachlos machen, noch mitzuteilen in Sprache. Das ist, glaube ich, ein wichtiger Punkt. Daß der Erfahrungsdruck, unter dem Tacitus da steht, auch wenn er persönlich nicht in diesen Situationen gewesen ist, wie Seneca oder so, aber der Erfahrungsdruck war so stark, daß diese kristalline Form nötig war, um die Erfahrung überhaupt zu formulieren. Und das ist etwas, was auch mit meinen Texten was zu tun hat. Daß da einfach ein Erfahrungsdruck ist, der Kondensation notwendig macht, sonst… Ich hab neulich einen Satz gelesen - in dem Zusammenhang fand ich den ganz interessant - wo sich ein, irgendein Philosoph, darüber wundert, daß Shakespeare nicht wahnsinnig geworden ist. Das ist was Ähnliches. Und er ist nicht wahnsinnig geworden, weil er das Instrument der Metapher hatte zum Beispiel.
- Kluge
- “Die Metapher im elisabethanischen Zeitalter” hast du mal formuliert… Was macht die?
- Müller
- Sie macht möglich, Erfahrungen, die man nicht begreifen kann, die man nicht auf den Begriff bringen kann - auch weil sie … wegen der schnellen Aufeinanderfolge ganz unterschiedlicher Erfahrungen oder widersprüchlicher Erfahrungen. Und die werden von der Metapher gebündelt und bewahrt und der, der die Metapher prägt, wird davor bewahrt, unter diesen Erfahrungen zusammenzubrechen zum Beispiel.
- Kluge
- Was ist eine Metapher?
- Müller
- Das fällt mir ganz schwer zu definieren…
- Kluge
- Dann sag mal ein Beispiel.
- Müller
- Na, ich will ein Beispiel sagen. Das ist jetzt von mir, also über einen Versuch, die Mauer in Berlin zu definieren als Stalins Denkmal für Rosa Luxemburg. Das ist eine Metapher.
- Kluge
- Weil der Fluss, in den Rosa Luxemburg geworfen wurde, der Landwehrkanal, geht genau daran lang.
- Müller
- Streckenweise ja. Ja, ja.
- Kluge
- Ah ja.
- Müller
- Aber das ist ein Beispiel für eine elisabethanische Metapher. Also Stalins Denkmal für Rosa Luxemburg.
- Kluge
- Du schreibst da in dem betreffenden Text, daß, wenn die Geschwindigkeit der Erfahrung zu schnell wird für Menschen, sie sie nicht mehr direkt aufnehmen können, sondern sie sich ein Seitenbild machen. Also gewissermaßen einen Cousin, einen Neffen des wirklichen Ereignisses erzeugen. Und über diese Beugung - indem sie sozusagen die Wirklichkeit in mehreren Chiffren nebeneinander stellen, indem sie sie streuen gewissermaßen, machen sie…
- Müller
- Naja, zur Metapher gehört ja auch strukturell, daß Dinge zusammengerissen werden in eine Formulierung oder ein Bild, die absolut nicht zusammengehören. Also zum Beispiel Stalin und Rosa Luxemburg kann man nicht als Liebespaar betrachten.
- Kluge
- Nein, nein, nein.
- Text
- Cornelius Tacitus Annalen. Buch VI, Fragment 9: Sejans Kinder
- Müller
- Der Sejan war der Hauptratgeber von Tiberius, ich glaube der Chef der Pretorianer - also so was wie Beria für Stalin vielleicht…
- Kluge
- …der von einem Tag auf den anderen gestürzt wird…
- Müller
- …von einem Tag auf den anderen gestürzt wurde. Aber nach dem Tod von Tiberius, glaube ich?
- Kluge
- Nein, nein. Er wird von Tiberius gestürzt.
- Müller
- Ach von Tiberius noch, ja, doch, stimmt. Und dann werden seine Kinder auch zum Tode verurteilt…
- Kluge
- Das sind Minderjährige…
- Müller
- …Minderjährige. Seine Tochter ist aber noch Jungfrau und es gibt da eine juristische Sperre, daß … eine Frau darf nicht zu Tode gebracht werden, bevor sie mannbar ist. Also muss der Henker sie vergewaltigen, bevor er sie erdrosselt. Das ist die Geschichte.
- Kluge
- Das geschieht?
- Müller
- Ja, ja.
- Kluge
- Und auf diese Weise wird die Rechtsordnung gewahrt und eigentlich auch gleichzeitig vergewaltigt. Aber der Kaiser, der hat nicht die Macht, die Rechtsordnung völlig zu brechen?
- Müller
- Ne, also auf dem Papier jedenfalls muss alles in Ordnung sein.
- Text
- Tiberius stürzt Sejan, den Chef seiner Garde, und läßt aus dessen Kinder hinrichten.
- Müller
- “Nachher wurde beschlossen, auch die überbliebenen Kinder Sejans zur Strafe zu ziehen. Obgleich die Erbitterung des Volks sich bereits gelegt hatte und die meisten durch die seitherigen Hinrichtungen besänftiget waren. Sie wurden also ins Gefängnis gebracht. Der Sohn begriff, was ihm bevorstand, das Mädchen wusste so wenig davon, daß sie oft fragte, was sie verbrochen habe und wo sie hin solle. Sie wolle es nicht mehr tun, man könne sie ja mit der Rute abstrafen. Gleichzeitige Schriftsteller berichten, weil es für etwas Unerhörtes sei gehalten worden, ein unmannbares Mädchen mit der Triumviralstrafe zu belegen, so habe der Henker ihr mit dem Strick um den Hals erst beiwohnen und dann beide erdrosseln müssen, worauf diese Kinderleichname noch an die Gemonien wären geworfen worden.”
- Kluge
- Triumviralstrafe? Das ist…
- Text
- Tacitus, Annalen. Buch I, Kap. 51
- Text
- “Der Caesar teilt die kampfbegierigen Legionen in vier Keile, um die Verheerung möglichst weit auszudehnen / Ein Raum von 50 Meilen wird mit Feuer und Schwert verwüstet / Kein Geschlecht, kein Lebensalter findet Erbarmen / Die Soldaten, die nur Halbschlafende, Waffenlose und Herumirrende erschlagen hatten, blieben unverwundet /
- Text
- turbabanturque densis Germanium catervis leves cohortes, cum Caesar advectus as vicesimanos voce magna hoc illud tempus obliterandae sedititionis clamitabat / pergerent, properarent culpam in decus vertere - - "
- Text
- “Als die Kohorten, durch den wütenden Gegenangriff der Germanen verwirrt sind, erscheint Caesar Germanicus und ermahnt die Legion, die vor einiger Zeit gemeutert hatte, ihre Schande durch Kriegsruhm zu tilgen - -”
- Text
- S.P.Q.R. RES PUBLICA COSA NOSTRA
- Text
- Unglück in der Seeschlacht
Sie sind in der Überzahl
Gott wird unsere Schwerter führen
- Text
- Tacitus, Buch 2. Kap. 24
- Text
- “Quanto violentior cetero mari Oceanus et truculentia caeli praestat Germania, tantum illa clades novitate et magnitudine excessit - -”
- Text
- Tacitus, Buch 2. Kap. 24
- Text
- “Wieviel der Ozean stürmischer als andere Meere / Wieviel das Klima Germaniens rauer ist als anderswo / Um soviel übertraf auch jenes Unheil durch Neuheit und Größe alle Vorstellung - -”
- Text
- “All die Tage und Nächte saß der Caesar auf den Klippen und Ufervorsprüngen und warf sich selbst laut die Schuld an der furchtbaren Katastrophe vor - -”
- Text
- “Caesar avidas legiones quo latior populatio foret quattuor in cuneos disperit; quinquaginta milium spatium ferro flammisque pervastat / non sexus, non aetas miserationem attulit / sine vulnere milites, qui semisomnos, inermos aut palantis cecide”
- Text
- Unterwerfung Germaniens, der Daker und der Parther
- Text
- Der Feldherr und seine Truppen marschieren nach siegreichem Feldzug auf das Capitol
- Text
- Jupiter Capitolinus
- Text
- “Der Mordplan gegen Plautus konnte nicht geheim bleiben - - "
- Text
- Die Mörder des Plautus
- Text
- Die Entdeckung des Attentats - -
- Text
- 50 000 Opfer beim Einsturz des Amphitheaters / “Unter dem Konsulat des M. Licinius und I. Calpurinius ereignete sich ein unvorhergesehenes Unglück / Ein gewisser Atilius hatte den Bau eines Amphitheaters begonnen, um Gladiatorenspiele zu veranstalten / Dabei legte er aber weder die Fundamente auf festen Boden noch sicherte er das Bodengefüge des Oberbaues durch starke Klammern /
- Text
- “Um so fürchterlicher war das Unheil, als das überfüllte Bauwerk dann plötzlich aus den Fugen ging/ Und die unermeßliche Menge der Menschen, die dem Schauspiel gespannt folgten, in die Tiefe riß” /
- Text
- “Als man begann, die Trümmer wegzuräumen, liefen alle zu den Toten hin, um sie zu umarmen, zu küssen; und oft gab es Streit, wenn trotz eines allzu entstellten Gesichts die Ähnlichkeit in Gestalt und Alter zu einem Irrtum beim Wiedererkennen geführt hatte / Man traf für die Zukunft Vorsorge durch einen Senatsbeschluß, daß ein Amphitheater nur erbaut werden dürfe, wenn die Festigkeit des Bodens geprüft sei –”
- Mann
- Warum weinst du Antonio? Hast du Angst vorm Sterben?
- Antonio
- Nein, nein, ich habe keine Angst davor. Es wird alles gut. Wir beide werden jetzt ein neues Leben beginnen.
- Mann
- Ja, wir beide.
- Text
- “Wie alt ist Rom - - ?”
- Text
- Velleius Paterculus, Römische Geschichte, Band I, Seite 6 / DIE ABFOLGE DER WELTREICHE BIS AUF ROM / “Hierauf ging die Herrschaft über Asien von den Assyrern zu den Medern über, jetzt vor 870 Jahren / Ungefähr um diese Zeit, fünfundsechzig Jahre vor der Gründung der Stadt Rom, wurde Karthago von der Tyrierin Elissa, die einige für die Dido halten, erbaut / Als dann erst Karthago unterworfen war, ging die Weltherrschaft auf die Römer über / Zwischen diesem Zeitpunkt und dem Anfang der Regierung des assyrischen König Ninus, der der erste Weltherrscher war, sind 1995 Jahre vergangen - -”
- Text
- Wie klingen lateinische Konsonanten und Vokale im 2. Jh. n. Chr ?
- Wilfried Stroh
- Das Wichtigste, das sind die Zeugnisse der antiken Grammatiker. Wir haben sowohl von Rhetorikern, aber als auch vor allem Grammatikern, das heißt praktisch Philologen, Linguisten … haben wir eine ganze Reihe von expliziten Nachrichten über die antike Aussprache, wo also richtig auch die einzelnen Laute beschrieben werden, wo Abweichungen in der Aussprache diskutiert werden, Anleitungen zur richtigen Aussprache gegeben werden, Orthoepie…
- Text
- Prof. Wilfried Stroh
- Stroh
- …und das Wichtigste ist da ein Lehrgedicht von einem afrikanischen Dichter, Terentianus Maurus aus dem zweiten Jahrhundert n. Chr., komischerweise kaum bekannt. Das ist ein ganz… - ich habe ihn hier dabei. Die letzte wissenschaftliche Ausgabe ist schon über hundert Jahre alt, man interessiert sich nicht sehr für ihn. Es ist witzigerweise von einem Mann verfasst, der selber das Lateinische nicht als Muttersprache kannte, der es nur als Fremdsprache gelernt hat und der sich für die Aussprache besonders interessiert und ein Lehrgedicht schreibt über …
- Text
- Professor Dr. Wilfried Stroh, Ordinarius für Altphilologie an der Universität München, über den römischen Grammatiker Terentianus Maurus - -
- Stroh
- … sowohl die Aussprache der einzelnen Laute als dann auch der Silben und Metren, das schließt sich an, aber interessant für uns ist vor allem mal der erste Teil über die Laute und er gibt eine genaue Beschreibung aller einzelnen Vokale und Konsonanten und zwar in einem Versmaß. Das ist lustig, weil es besonders lasziv ist, also ein Widerspruch zwischen dem trockenen Inhalt und einem ausgesprochen, ja fast lasziven Rhythmus, den er hat [liest auf Latein]. “Swinging”, wie wenn Sie eine Phonetik im “swinging” Rhythmus vortragen, eine witzige Idee von ihm und so beschreibt er uns also sehr genau die einzelnen Laute, so daß wir da, was die Einzellaute angeht, eigentlich am besten über die lateinische Aussprache informiert sind, bei anderen Problemen wird es schwieriger.
- Kluge
- Sie haben vorhin “quamquam” ausgesprochen? “Quamquam” heißt?
- Stroh
- Ich habe es nicht ganz korrekt vorher ausgesprochen. “Quamquam”: “obwohl”…
- Kluge
- Ja, “obwohl”. Und wie haben Sie es ausgesprochen? Oder wie ist es auszusprechen?
- Stroh
- Ganz richtig müsst man am Schluss das “M” nur leicht klingen lassen und es leicht nasalieren wohl, also “quamquam”, “quamquam”
- Text
- Lehrgedicht von Terentianus Maurus
- Stroh
- Terentianus Maurus beschreibt nun, wie die einzelnen Vokale artikuliert werden [liest auf Latein]. Das heißt jetzt, wir beschreiben, welchen Ort die einzelnen Laute im Mund haben und wie sie zu ihren - das ist fast unübersetzbar - wie sie zu ihrem “ictus”, zu ihrer modernen Schwingung, zu ihrer Anspannung, ja Kraft kommen, aber auch der Text umstritten… “Dies will ich, so gut ich kann, darstellen, im sotadeischen Vers”. Und da gebraucht er für “darstellen” das Wort, daß man „blaterabo” - ich habe es nicht ganz korrekt gelesen - das Wort, was man üblicherweise für den Kamellaut verwendet. Also er ist wie ein Kamel, weil er ja aus Afrika stammt, äußert er sich mit den Tieren seiner Heimat gewissermaßen. Jetzt kommt die Beschreibung des “A”, ganz raffiniert: [liest auf Latein]. “Der Buchstabe A nimmt folgendermaßen seinen Laut vom Munde aus, geht folgendermaßen vom Munde aus: Man muss die Lippen unbeschäftigt weit geöffnet lassen, A, und die Zunge so weit freischwebend zurückführen, daß die Erschütterung des Lautes fähig ist, auf sie überzugehen”. Da ist also offenbar, wenn ich es recht verstehe, ist da gemeint diese Schwingung, die wir fühlen, wenn wir ein “A” sagen, ein leichtes Vibrieren, das ist dieser “nisus”, der auf die Zunge übergeht und, heißt es dann weiter: “sie darf an keiner Stelle die Zähne berühren”. Also er beschreibt so gut man nur kann ein “A”!
- Kluge
- Ein lateinisches “A”.
- Stroh
- Ein lateinisches “A”
- Text
- Liebesgedicht von Catull
- Stroh
- [liest auf Latein] Das ist der Moment, bis er im Land ist. Und dann kommt dies nachfolgend, also ein langes Gedicht in diesem Rhythmus, enthält dann seine Klage. Also zunächst mal, wie er in Verzückung die anderen Kybele-Priester anruft, mit ihm zusammen der Göttin zu dienen, durch die Wälder zu schweifen. Und dann kommt später die Klage, wo er dann am nächsten Morgen erwacht und sieht, was er getan hat, daß jetzt für ewig sein bisheriges Leben zu Ende ist. Aber es läuft der Rhythmus durch. Ich kann ja noch ein Stück lesen: [liest auf Latein]
- Text
- Münze des L. Junius Brutus
- Text
- Aeneas, Sohn der Venus und Ahnherr Caesars, trägt seinen Vater Anchises aus dem brennenden Troja - -
- Text
- Brutus und seine Anhänger töten Caesar - -
- Text
- Caesar, ein Glückspilz, unsterblich, weil von Aeneas abstammend, betritt den Senat - -
- Text
- Die Nachricht von der Ermordung erreicht das Forum - -
- Text
- Verbrennung von Caesars Leiche - -
- Müller
- Entschuldigung, mir fällt gerade eine Seltsamkeit auf bei Tacitus. Aber das gilt nicht nur für ihn: die kurzen Absätze. Das ist, glaube ich, ganz wichtig für die Art der Erzählung, für den Duktus der Erzählung…
- Kluge
- Als ob es schon Fragmente sind zu Lebzeiten…
- Müller
- Ja, ja, ja. Und vor allem: es sind Paragraphen. Und er teilt die Wirklichkeit, die er beschreibt in Paragraphen ein.
- Kluge
- Gleichzeitig aber sind diese Paragraphen, im Gegensatz zu Livius, der ja auch Paragraphen hat, nicht vollständig erzählt. Er lässt aus. Und die Auslassung ist sein Informationsmittel: das, was er nicht erzählt.
- Müller
- Ja, er erzählt eigentlich ganz elliptisch. Und Livius erzählt seriell.
- Text
- Tacitus erzählt, wenn er von Grausamkeiten berichtet, “elliptisch”, d.h. kraß, abgekürzt, modern - -
- Kluge
- Seriell. Während zum Beispiel hier die Diskussionen, ja… Also er nimmt einen überflüssigen Satz: Einige Schriftsteller erzählen. Damit relativiert er, es kann auch anders gewesen sein. Und dann kommt eine lange Debatte unter Juristen, über die sich auch ein Prinz, also der Kaiser, nicht hinwegsetzen kann, über die Frage: Darf man diese Kinder - offenbar haben Interventionen stattgefunden, die wenigstens die Tochter retten wollen. Die Tochter wäre ja keine Bedrohung für den Kaiser, die kann nicht Nachfolger ihres Vaters werden, als Konsul oder irgend so etwas nach römischem Recht.
- Text
- Sejans Tochter
- Kluge
- Nein, hier muss die Grausamkeit auf die Spitze getrieben werden und auch diese Schwester muss getötet werden, denn die könnte ja einen Sohn haben.
- Text
- Heiner Müller über den Tod des Tiberius / 2. Härte der römischen RES PUBLICA / 3. Wie alt ist Rom? / 4. Über die Aussprache lateinischer Worte / 5. “In den Ruinen römischer Tugend” / 6. Modernität in den Texten Cornelius Tacitus
- Text
- “Rom, sofern wie der Mond - - "