Mozart und die Utopie der Liebe
Transkript: Mozart und die Utopie der Liebe
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- Liebende, die einander in einem nächsten Leben begegnen, erkennen sich wieder / Dem Ereignis geht ein CHAOS DES GEFÜHLS voraus, das an Wahnsinn grenzt, sagt Kleist / Aus diesem Stoff entwickelte Mozart seine GÄRTNERIN AUS LIEBE / Inszenierung von Jean Jourdheuil an der Staatsoper Stuttgart - -
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- MOZART UND DIE UTOPIE DER LIEBE / Wie ermordete Liebende einander im nächsten Leben wiedererkennen
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- Der Graf BELFIORE hat in einem Anfall von Eifersucht, seine Geliebte, die Gräfin VIOLANTE, ermordet - - Oper: Die Gräfin, aus dem Tode wiedererwacht oder IN EINEM ANDEREN LEBEN / Roland Kluttig, Dirigent: Also das Orchester fängt an, Sie hat ihrem Geliebten den Mord längst verziehen / Und sucht die Nähe des Grafen / Sie nennt sich jetzt SANDRINA - -
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- SANDRINA, Alexandra Reinprecht
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- WIEDERBEGEGNUNG DER LIEBENDEN / Wie Mozart eine “Pulsation” erfindet Oper: SANDRINA, während einer Ohnmacht vom Grafen überrascht / Sie ist verwirrt, den Geliebten vor sich zu sehen / Keiner weiß, was zu tun ist - - Roland Kluttig, Dirigent: Also das Orchester fängt an, “Götter welch ein Zufall” ruft er so. Jetzt kommt die nächste Geste, die völlig anders ist, die das Zittern des Grafen beschreibt.
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- Wie Mozart die Wiederbegegnung komponiert - -
- Kluttig
- So ein Gestus, den man sofort mit Zittern auch… Es kommt eine völlig neue Taktart und ein langsamer Dreiertakt, wie in Trance.
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- Roland Kluttig, Dirigent
- Kluttig
- Die Sandrina ist ja Ohnmacht und singt wie in Trance eine an sich relativ konventionelle Musik und jetzt beginnt quasi die Pulsation mit dem Auftritt all der Gestalten. Und was jetzt das Erstaunliche ist, auf der einen Seite gibt es eine durchgehende Pulsation ich spiel mal ein Stück. so auf diesen Bässen, die dann durchlaufen in verschiedenen Harmonien, die halten das zusammen. Aber nun ist das Erstaunliche, wie er die Figuren immer dem angleicht, was die einzelnen Personen sagen. Also er behält das Skelett bei, aber es wird bei jeder Person ein bisschen modifiziert.
- Kluttig
- Finale 1. Akt
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- Akt, Nr. 12: FINALE 1
- Kluttig
- “Götter, welch Zauberei. Violante, lebt sie, weh mir, ich zittere von Kopf bis Fuß, ich weiß nicht, wo ich bin.
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- Claudio Rizzi, Korrepetitor
- Kluttig
- Komm nur undankbares Herz schau mich an, ich bin doch dieselbe. In der Ohnmacht bewegt sie sich, fällt dann wieder in die Ohnmacht zurück. Die Stimme ist von Violante. Immer mit Bewunderung und Staunen. Doch wieso in diesen Kleidern, spielte meine Phantasie mir einen Streich? Sandrina kommt wieder zu sich. Habt Erbarmen, oh Götter. Der Graf dreht sich aufmerksam um, um sie zu beobachten. Sandrina bemerkt den Grafen und verharrt erstaunt. Der Graf, oh Gott, welch Wunder. Aminda kommt.
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- Roland Kluttig, Dirigent
- Kluttig
- Trifft Ramiro. Beide bleiben wie benommen stehen. Sag, wer bist du? Was sage ich? Was soll ich sagen? Ach, welch schwerer Schicksalsschlag, welch unheilvoller Blitz. Ich erstarre zu Eis, ich erstarre zu Eis. Ich zweifle, bin bestürztet, ich weiß nicht, ob ich wache oder schlafe. Mir dünkt, ich bin wie betäubt. Ich bin verwirrt, ich habe das Herz verloren. Mein Schmerz ist zu grausam, daß er mich zum Weinen zwingt. Welch Erstaunen. Ich bin wie betäubt. Bleibe unbeweglich. Verliere mich. Ich weiß nicht, was ich denken soll. Was ist mir geschehen? Was ist passiert? Ich kann mich selbst nicht mehr begreifen. Mir scheint, oh Gott, ich phantasiere. Ich fühle meine Seele in der Brust eingeengt. Ich habe keinen Atem um zu reden. Welches Schweigen. Sie stehen da, als ob sie den Verstand verloren hätten. Was soll diese Szene bedeuten? Was ist geschehen? Was soll ich antworten? Ich bin ganz verwirrt. Ich bin sprachlos. Mir fehlt es an Mut. Ich verstehe nicht, ich begreife nicht. Die Sache geht nicht mit rechten Dingen zu. Bist du der? Bist du die? Ach, wie mein Verstand sich dreht. Er springt hin und her.”
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- WIEDERERKENNUNG 1. Akt / Szene XV
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- Unerwartet erkennen die Liebenden einander wieder / Der Graf kniet nieder, bittet um Verzeihung
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- GRAF BELFIORE, Norman Shankle Jean Jourdheuil, Inszenierung: Alle Leute, die Rousseauisten waren, ohne Rousseau gelesen zu haben, waren das durch Mesmer, durch die Gedanken, die Mesmer populär gemacht hat… also verbreitet hat.
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- Dr. med. Franz Anton Mesmer (1734-1815) Und in dem Sinn ist es… war es eine intellektuelle und künstlerische Landschaft, die nicht fest war, die nicht stabil war. “Ich liebe dich, aber ich möchte dich töten” und “ich möchte dich töten, aber ich liebe dich”. Wenn beide Gefühle zusammenkommen, so nah, wie sie durch die Musik inszeniert sind, wenn ich so sagen darf, dann ist man schon in diesem Bereich von dem Unbewussten.
- Alexander Kluge
- Und der Ambivalenz.
- Jourdheuil
- Von der Ambivalenz, ja. Ambivalent, was ist ambivalent und was ist die Dissoziation? Die Figuren, manche Figuren, sind manchmal nah an der Dissoziation.
- Kluge
- Was ist Dissoziation?
- Jourdheuil
- Ja, wenn man schizophren wird…
- Kluge
- Ja.
- Jourdheuil
- …und Ambivalenz ist, wenn man alles noch manipulieren kann. Dann ist man ambivalent. Und zum Beispiel in dem Sinn ist der… sagen wir in der Aura oder in der Landschaft des 18. Jahrhunderts haben wir da schon Vorahnungen von etwas, was sich bei den kleistischen Figuren entwickeln wird Die Frauen bei Kleist sind öfters Dissoziations… stehen unter der Gefahr der Dissoziation
- Achilles
- ambivalent, “trickreich”/ Penthesilea: dissoziert, “entrückt” und die Männer sind mehr ambivalent. Achilleus, Achilleu… sagt man das? Archilles und Penthesilea. Mark Lammert, Bühne & Kostüme: Der Mord ist einfach das… ich glaub der ist das Sprungbrett dieses nicht so… nicht so ganz uninteressanten Librettos. Und wenn man das sozusagen… wenn man das als Ausgangspunkt für den Krimi, der da auch stattfindet oder… dann ist es ziemlich interessant. Und da haben wir -sagen wir mal so- auch noch mal diesen Grundriss von dem Raum in einer anderer Ebene, also weil der Fächer, hinter dem das abspielt, ist nichts weiter als im Grunde genommen der aufgestellte Grundriss des Raumes, eines der Räume und zwar des Raumes für den zweiten Akt. Das Jahr, in dem die Premiere war, ist im Grunde genommen die -also wenn man das- wenn man das sekundärwissenschaftlich bezeichnen würde, ist sozusagen die Geburtsstunde der dynamischen Psychologie, wie man das heute nennen würde. Also durch den Mesmerismus, der sich eigentlich in der Auseinandersetzung mit dem schwäbischen Exorzisten Gaßner und dem Arzt, auch schwäbischen Arzt Mesmer in München ausficht,
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- Mesmer hypnotisiert eine Somnambule im Jahr 1775.
- Lammert
- ist eigentlich das: die Durchsetzung des Mesmerismus… ist eigentlich der Beginn der modernen Psychologie. Das ist im selben Jahr wie die Premiere ist von der… von der verstellten Gärtnerin in München.
- Kluge
- Also Menschen als Medium auch und sozusagen durch die das hindurchfließt, was zum Beispiel zwischen Belfiore und Sandrina vorgefallen ist…
- Lammert
- Ja…
- Kluge
- …ist die, die Stimmung…
- Lammert
- Ja, würd’ ich sagen…
- Kluge
- …und die strömt daran dann…
- Lammert
- Ja, es ist im Grunde genommen diese Theorie, die das Fluid thematisiert, also, dass die Energie, die einen Menschen durchströmt und die man beeinflussen kann, im positiven Sinne.
- Kluge
- Dass wir sozusagen in so einem Äther leben.
- Lammert
- Ja das endet irgendwann in der Hypnose. Also die Beeinflussbarkeit von außen zur Förderung der eigenen Befindlichkeit, oder…
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- SANDRINA las einsame Seele
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- Akt / Szene XV / Verlassener Ort in bergigem Land mit alten, teilweise zerstörten Wasserleitungen
- Sandrina
- Es scheint mir, daß sich zwischen den Sträuchern / Eine schreckliche Schlange sehe - - Wie verberge ich mich, wohin laufe ich / Steh mir bei Oh Himmel (Sie sucht Schutz in einer Höhle)
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- Claudio Rizzi, Korrepetitor
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- Akt/ Ausbruch des allgemeinen Wahnsinns und Nr.23: FINALE 2
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- SANDRINA, DER GRAF (immer noch im Wahnsinn) Oper: Was für eine Freude / Welch schöne Fröhlichkeit / Laßt uns tanzen - - !
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- MOZART UND DIE UTOPIE DER LIEBE / Wie ermordete Liebende einander im nächsten Leben wiedererkennen In Zusammenarbeit mit der Stuttgarter Staatsoper Musikalische Leitung: Lothar Zagrosek & Roland Kluttig Inszenierung: Jean Jourdheuil Bühne & Kostüm: Mark Lammert New Entry