Explosion of a Memory

Explosion of a Memory

Heiner Müller zum 70. Geburtstag (1929 – 1999)

Information

Sammlung
Heiner Müller
Mit
Müller's circle: Gautam Dasgupta
Dauer
00:00:01
Datum
11 Jan. 1999
Sendung
Ten to Eleven

Beschreibung

In den USA wurden ab Mitte der 1980er Jahre verschiedene Schriften Heiner Müllers in dem New Yorker Verlag “Performing Arts Journal Publications” (PAJ) veröffentlicht. In der Sendung „10 vor 11“ spricht Kluge mit dem amerikanischen Buchverleger Gautam Dasgupta über Heiner Müller anlässlich seines 70. Geburtstags. Ausgangspunkt ist die Frage nach Müllers Erfolg in den USA. Anders als erwartet habe sich zum Beispiel sein Theaterstück „Hamletmaschine“ (1977) sehr gut verkauft. Dasgupta beschreibt, dass der Naturalismus/ Realismus für viele junge Studenten in den USA in eine „Sackgasse“ geführt habe; sie wünschten sich „größere Emotionen“. Die Gründe für Müllers Erfolg in den USA seien deshalb vor allem seine formalen Experimente (Fragment) sowie seine Haltung (Anti-Realismus), die ihn nach Auffassung Dasguptas als „ersten Schriftsteller des digitalen Zeitalters“ auszeichnen.

Ergänzt um zwei Zwischensequenzen, die einen unmittelbaren Eindruck von Müllers Texten erlauben (Ausschnitt aus „Hamletmaschine“ sowie eine Text-Collage aus Müllers „Germania 3“ (1995), unterlegt mit Frank Zappas „G-Spot Tornado“), kreist das Gespräch zwischen Kluge und Dasgupta um die Besonderheit von Müllers ästhetischer Ausdrucksformen.

So drücke sich Müllers „Realitätsprinzip“ darin aus, wie er in seinen Dramen „gegen die Vorstellungen von Echtzeit oder Realzeit“ Fragmente aus den verschiedensten Zeiten (sogar imaginärer Zukunft) montiert. Insbesondere der Kubismus und Futurismus habe Müller zu der Textcollage inspiriert. Der russische Dichter Wladimir Majakowski galt ihm als Vorbild für die ästhetische Form der Verdichtung von Inhalten. Dasgupta beschreibt Müller als jemanden, der über lange Zeit extreme Erfahrungen in sich aufsaugt, um diese dann „explosionsartig“ in einer Zeile zum Ausdruck zu bringen. „Er konnte den gesamten Weltkrieg oder das Eiszeitalter nehmen, das Ganze konnte er verdichten in die Erfahrung des Momentes [...] seine Zeilen waren explosiv“. Aus diesem Grund wurden die gesammelte Schriften Heiner Müllers in den USA auch unter dem Titel „Explosion of a Memory“ (PAJ, 1989) veröffentlicht.

Als weitere Eigenheit Müllers beschreibt Dasgupta seine Auffassung von der „ Gleichstellung aller Lebensformen“ und seiner Fähigkeit, sogar den Toten dieser Welt eine Stimme zu geben.